"Wer beim Thema Integration außer vielen Worte auch Taten erwartet hat, wurde im vergangenen Jahr bitter enttäuscht. Getan hat diese Regierung einiges, aber wenig Gescheites und vor allem nicht im Bereich der Integration. Nach einem Jahr schwarz-gelber Skandalregierung erschöpft sich Integrationspolitik auf Streichen, Kürzen und Abschaffen. Zuschüsse für die Arbeit ausländischer Vereine fielen dem Rotstift zum Opfer, die erste Glanztat bei der Novellierung des Schulgesetzes war die Streichung des Unterrichts in der Herkunftssprache. Der Landesausländerbeirat soll abgeschafft werden. Noch nicht einmal der Kompromiss eines modifizierten Staatsbürgerschaftsrechts wurde von dieser Regierung im Bundesrat mitgetragen. Dies sind Rückschritte einer effektiven Integrationspolitik, meine Damen und Herren, und keine zukunftsfähige Konzeption.
An diesen Beispielen wird deutlich, dass Integration für diese Regierung ein Lippen-bekenntnis ist und dass alle verbalen Aussagen nur ablenken sollen von der uner-hörten Schmutzkampagne, welche die CDU im Landtagswahlkampf durchgezogen hat. Mit Ihrer Unterschriftenaktion gegen ein zeitgemäßes Einbürgerungsrecht, mei-ne Damen und Herren von der CDU, haben Sie dumpfe Vorurteile benutzt und Ab-wehrgefühle gegen Menschen geweckt, die mit ihren Familien bereits Jahre und Jahrzehnte in Deutschland eine Heimat gefunden haben. Sie haben Hassreaktionen und Ausgrenzungstendenzen bewusst in Kauf genommen, um ihren schäbigen Wahlsieg einzufahren. Und jetzt wollen Sie sich das Mäntelchen der Integration um-hängen, um das zu vertuschen.
Von Ihnen, Frau Mosiek-Urban, habe ich am Montag die bisher abenteuerlichste Rechtfertigung dafür erhalten, dass eine Wahlkampagne dazu eingesetzt wurde, ausländerfeindliche Stimmung und unterschwellige Vorurteile zu schüren. Das gan-ze sei ein Missverständnis gewesen und das Ja zu Integration habe selbstverständ-lich Priorität gehabt. Diese Aussage allein macht Sie für mich unglaubwürdig und als Motor für Integration ungeeignet.(….)
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Das Herzstück des sogenannten Integrationskonzepts der Landesregierung – so die Sozialministerin in ihrer Presseerklärung vom 3.4. – ist die Berufung eines Integrati-onsbeirats, der am Montag dieser Woche mit großem Medienrummel konstituiert wurde.
Ein Integrationsbeirat kann dazu beitragen, ein starkes Netzwerk zu knüpfen, das Integration als gesellschaftliche Aufgabe in die verschiedensten Bereiche hinein trägt und neue Anforderungen formuliert. Aber er kann nicht die Aufgaben des ge-wählten Landesausländerbeirats als originäre Interessenvertretung der Ausländer übernehmen. Beide Gremien können sich ergänzen. Doch die Auflösung des Lan-desausländerbeirats ist ein falscher Schritt, ein Schritt zurück in die Vergangenheit. Aufgrund der fehlenden Rechte zur politischen Mitbestimmung muss ein von Aus-ländern demokratisch legitimiertes Gremium als Partner der Politik und der gesell-schaftlichen Gruppierungen vorhanden sein, um seine Interessen zu vertreten. Wer das ableugnet, will keinen Dialog. Die SPD-Landtagsfraktion verurteilt diese Ent-scheidung der Landesregierung aufs Schärfste, und wir erwarten, dass der Landes-ausländerbeirat als demokratisch legitimiertes Gremium erhalten bleibt.(…)
Über die Einberufung eines Integrationsbeirates hinaus gibt das Papier der Landes-regierung keine neuen Antworten. Altbekannte Ansätze und Situationsbeschreibun-gen werden wiederholt. Die Triebfeder zur Vorlage dieses Papiers war wohl kaum das Bemühen um neue Ansätze der Integrationspolitik sondern der nahende Termin der Jahresbilanz der schwarz-gelben Regierung, zu dem zu dem angeblichen zen-tralen Politikfeld Integration irgend etwas vorgelegt werden musste. Und Papier ist ja bekanntlich geduldig. Nicht umsonst zeigte die Ministerin wenig Neigung, ihre Kon-zeption im Integrationsbeirat zu diskutieren. Zu schnell würde sonst nämlich offen-kundig, dass im Sozialministerium wie so oft heiße Luft produziert wurde.(…)
Einige Vorhaben der Landesregierung lassen erkennen, dass weniger Integration als Segregation Ziel der Politik der Landesregierung ist.
Die Absicht, Seiteneinsteiger bis zu zwei Jahre außerhalb des Regelunterrichts in sogenannten Intensivkursen nur in Deutsch zu unterrichten, kann für diese Kinder und Jugendlichen auch intergrationserschwerend sein. Zur Integrationsfähigkeit ge-hört nämlich außer der Sprache auch die soziale Kontaktfähigkeit und das gegen-seitige Kennenlernen.(…)
In dieses Bild passt die erklärte Absicht der Landesregierung, alle rechtlichen Mög-lichkeiten auszuschöpfen, um das Nachzugsalter für Kinder herabzusetzen. (….)
Mein letzter Satz soll an die Regierungserklärung von Ministerpräsident Koch vom gestrigen Vormittag erinnern: Es ist noch eine Menge zu tun, um eine Gesellschaft zu erreichen, in der gegenseitiges Verständnis und die praktische Umsetzung von Chancengleichheit Grundlage ist. Aber Hessen war auf einem erfolgreichen Weg, bevor unserem Land diese Regierung widerfuhr!"