"Das hessische Krankenhausgesetz formuliert in §14 Absatz 2: "Werden im stationären Bereich von hierzu berechtigten Krankenhausärzten wahlärztliche Leistungen gesondert berechnet, so sind die anderen Krankenhausärzte an den hieraus erzielten Einnahmen zu beteiligen. Dies gilt nicht für Ärzte im Praktikum. Darüber hinaus können nichtärztliche Mitarbeiter in die Beteiligung an den Einnahmen aus wahlärztlichen Leistungen einbezogen werden." Dieses "nicht" wollen wir durch ein "auch" ersetzen.
Um die bestehende Regelung zu verstehen, muss man sich erinnern, dass das hessische Krankenhausgesetz zu genau der Zeit entstand, als der erste Examensjahrgang Ende 1988 mit dem bestandenen Staatsexamen nur noch eine Teilapprobation erhielt, zum Arzt oder Ärztin im Praktikum.
Es gab sie eigentlich noch gar nicht, und so gingen weder die Erläuterungen zum damaligen Gesetzentwurf noch die Redner der Plenardebatten und Ausschussberatungen auf die Frage ein, ob und warum als einzige die Ärzte und Ärztinnen im Praktikum aus der Beteiligung an den Liquidationserlösen auszunehmen seien. (…)
Ärztinnen und Ärzte im Praktikum sind Ärzte, eben Berufsanfänger. Sie haben die Rechte und Pflichten eines Arztes, sie verrichten ärztliche Tätigkeiten mit einem dem wachsenden Stand ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten entsprechenden Maß an Verantwortlichkeit. Unter Aufsicht, allerdings, aber das war bei Berufsanfängern schon immer so.
Was heißt das in der Wirklichkeit? Ärzte im Praktikum befragen und untersuchen. Sie operieren, sie verordnen Medikamente und Betäubungsmittel. Natürlich haften sie für ihr Handeln genauso wie alle Ärzte, und darüber hinaus auch für die Fehleinschätzung ihrer eigenen Fähigkeiten. Oft genug leiten sie selbständig eine Station – unter Aufsicht einmal am Tag. Sie sind eben Ärzte, keine Praktikanten, und so schön billig sind sie auch.
Natürlich behandeln sie auch die Privatpatienten mit, um die es bei den Liquidationserlösen geht: im Nachtdienst – oft genug allein im Haus – führen sie die erste Untersuchung durch, nehmen Blut ab, legen Verbände an, ordnen Röntgenaufnahmen an und stellen sie in kleinen Häusern oft genug gleich auch selbst her. (…) Und natürlich stehen sie den Rest der Nacht mit am Operationstisch. Das heißt ärztliche Tätigkeit, und dagegen wäre wenig zu sagen, aber warum soll es denn in Hessen nichts wert sein?
All das tun sie, 60-70 Stunden pro Woche, für durchschnittlich vier Mark netto, sofern sie überhaupt bezahlt werden. Denn es gibt genug Fälle junger Ärztinnen und Ärzte, die ihr eigenes Gehalt vorab selbst einzahlen, damit sie überhaupt eine Beschäftigung und nur damit eine Weiterbildung erhalten. Ohne Weiterbildung kein Facharzt, ohne Weiterbildung keine Niederlassung, und schon erweist sich das Medizinstudium als Sackgasse. Dann doch lieber umsonst arbeiten. (…)
Kein anderes Bundesland, das eine entsprechende Regelungen zur Abgabe von Liquidationserlösen erlassen hat, kennt eine solche Ausnahme für AiP wie Hessen: Baden-Württemberg schließt alle Ärzte ein, Mecklenburg-Vorpommern löst es so, wie mit diesem Entwurf angestrebt, und Sachsen bezieht alle, die an der Versorgung der betreffenden Patienten beteiligt sind, mit ein. Und auch die Kirchen in Hessen kennen in ihren Krankenhäusern keinen solchen Ausschluß für AiP. Lediglich das hessische Krankenhausgesetz verbietet ausschließlich für AiP eine Beteiligung an den Liquidationserlösen, jeder andere vom Pförtner bis zum Oberarzt kann oder muss beteiligt werden. Ohnehin geht es bei unserem Gesetzentwurf nur um den bescheidenen Anteil von 1-2% des Pools. Diese Benachteiligung der AiP sehen viele der Ärzte in den Krankenhäusern, die von der bestehenden Regelungen profitieren, selbst nicht ein, und stecken den AiP was zu – heimlich sozusagen. Meine Damen und Herren, wir sollten das ändern."