Clauss: SPD fordert Rücktritt von Ministerpräsident Koch – FDP muss sich von ihrem Koalitionspartner trennen

Clauss forderte die FDP auf, sich von ihrem Koalitionspartner zu trennen. "Die FDP wird sonst mit ihrem Partner in die Tiefe des Spendensumpfs gezogen und dort untergehen", sagte Clauss. Bei einem Festhalten an ihrem Koalitionspartner mache sich die FDP zum Helfershelfer der Lügner und Betrüger in der CDU.

Die SPD werde in den nächsten Tagen entscheiden, ob sie die FDP im Landtag zum Schwur bringen werde. Bislang sei nicht erkennbar, dass ein Misstrauensantrag im Landtag eine Mehrheit finden werde. "Aber wir setzen darauf, dass es in der FDP Bewegung gibt. In diesem Fall werde ich meiner Fraktion vorschlagen, ein Misstrauensvotum gegen Ministerpräsident Koch zu beantragen", sagte Clauss.

Ministerpräsident Koch steht für Clauss erwiesenermaßen als Lügner da. Die Tatsache, dass er die Lüge gestanden habe und versuche sie klein zu reden, entlaste ihn nicht. "Herr Koch hat nicht einmal, sondern mehrfach und dauerhaft gelogen. Er hat gegenüber der Öffentlichkeit und dem Bundestagspräsidium einen falschen Rechenschaftsbericht vorgelegt. Er hat gegenüber Journalisten am 10. Januar gelogen, als er die Kenntnis von unzulässigen Buchungen geleugnet hat. Und er hat notorisch gelogen als er sich in Kenntnis seiner vorherigen Lügen zum brutalstmöglichen Aufklärer hochstilisiert hat", so Clauss.

Als Lüge gegenüber dem Hessischen Landtag wertet Clauss die Aussage von Koch am 25. Januar: "Würden Sie bitte einmal zur Kenntnis nehmen, dass ich und viele andere in der Christlich Demokratischen Union im Augenblick vor der verdammt schwierigen Aufgabe stehen, in einem Feld, von dem wir nicht einmal die Grenze kennen, zu versuchen, Stück für Stück von Wahrheit vorzutragen. Ich werde sie weiterhin Stück für Stück vortragen, so wie ich sie erfahre." Dazu Clauss: "Zu diesem Zeitpunkt wusste Herr Koch längst, dass er gelogen hatte, wusste von seiner persönlichen Mitwirkung an der Fälschung des Rechenschaftsberichts."

Koch habe den Landtag auch am 16. Dezember getäuscht, als er glaubhaft machen wollte, dass die Geldbeschaffung durch den Schatzmeister und die Verausgabung der Mittel durch die Landesgeschäftsstelle zwei getrennte Vorgänge seien. "Die Vorgeschichte des angeblichen Wittgenstein-Kredits widerlegt diese Darstellung, natürlich hat sich der Landesvorstand in seiner Gesamtheit mit Finanzierungsfragen befasst."

Clauss bestritt, dass mit den gestern vorgelegten Papieren der CDU-Finanzskandal zu 95 Prozent aufgeklärt sei. "Die zentralen politischen Fragen sind allesamt noch offen. Vollkommen ungeklärt bleibt, wie sich in einer demokratischen Partei ein derartiges System von Schattenmännern und Schattenkonten etablieren konnte. Und es bleibt unglaubwürdig, dass dieses System nur wenige Mitwisser gehabt haben soll."

Zur Herkunft der ins Ausland verschobenen 24 Millionen DM seien nur halbgare Plausibilitätsprüfungen vorgelegt worden. "In der bevorstehenden Auseinandersetzung mit dem Bundestagspräsidium geht es der CDU augenscheinlich nur darum, das Geld zu retten, um weiterhin Wahlkämpfe aus den ehemals schwarzen Konten zu finanzieren. Geld stinkt nicht, hier sind sich Koch, Kanther, Kohl, Wittgenstein und Weyrauch einig. Und dies belegt einmal mehr, dass der hessische Ministerpräsident aus dem ganzen Skandal nichts gelernt hat, sondern dass er ein Lehrling der alten Garde ist. War der angebliche Anlass für seine Lügengeschichte noch der Wunsch, sich von dubiosem Geld zu trennen, so will er dieses Geld jetzt vor dem Zugriff des Bundestagspräsidiums retten", so Clauss.

Kochs eigenes Wissen über die CDU-Finanzen in seiner Zeit als Vorstandsmitglied und als Vorsitzender und Spitzenkandidat sei weiterhin höchst aufklärungsbedürftig. "Dass ausgerechnet die Imagekampagne Kochs zum Teil aus schwarzen Kassen finanziert worden ist, weckt weitere Zweifel an der Ahnungslosigkeit des CDU-Landesvorsitzenden. Unaufgeklärt ist auch die Frage, wie die Werbung für das Koch-Buch "Vision21" finanziert worden ist."

Vollkommen unglaubwürdig blieben auch weiterhin alle Erklärungen zur Mitwisserschaft von Franz-Josef Jung. "Da muss erst ein treuer, überseeischer, anonymer Parteifreund sterben, damit Jung die CDU-Zentrale renovieren kann. Und Jung glaubt dies? Und im Fall Reischmann wollte Jung wochenlang nur als "Zeuge" bei der Unterzeichnung des Auflösungvertrags mit Schweigegelübde dabei gewesen sein. Jetzt tischt Herr Koch die Erklärung auf, Jung sei als Parlamentarischer Geschäftsführer dabei gewesen, weil sich Herr Reischmann auch aus der Fraktionskasse bedient hat. Merkwürdig, dass diese Erklärung erst nach wochenlanger Diskussion erfolgt, in welcher der Hauptbetroffene Jung völlig abgetaucht war. "

Die Verwendung der schwarzen Gelder sei gestern nur teilweise erhellt worden. "Was alles mit den 13 Millionen DM aus den angeblichen Vermächtnissen finanziert wurde, wurde weiterhin verheimlicht." Unklar bleibe auch, wie die Beschaffung von Dienstwagen oder EDV-Anlagen aus schwarzen Kassen möglich sei, ohne das Mittäter in der CDU-Landesgeschäftstelle tätig waren.
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Angesichts der vielen offenen Fragen forderte Clauss erneut, alle vorliegenden Unterlagen der Presse zugänglich zu machen. "Herr Koch lässt sich vor eine Reihe voller Aktenordner ablichten und gibt der Öffentlichkeit nur auszugsweise davon Kenntnis. Wir fordern ihn auf, das gesamte Material der Landespressekonferenz zugänglich zu machen."

Der Fraktionsvorsitzende warf der CDU vor, schon jetzt Anstrengungen zu unternehmen, die Arbeit des Untersuchungsausschusses zu behindern. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU habe gegenüber dem Landtagspräsidenten Zweifel an der rechtlichen Zulässigkeit des Untersuchungsauftrags angemeldet. "Kochs Hilfstruppen behindern die Aufklärung, eben weil Herr Koch an wahrhaftiger Aufklärung kein Interesse hat." Besonders geschmacklos sei, dass die CDU dabei versuche, den um Unabhängigkeit bemühten Landtagspräsidenten vor ihren Karren zu spannen. Aufgrund dieses schäbigen Verhaltens erneuere die SPD-Fraktion ihre Forderung, dass die CDU auf den Vorsitz im Untersuchungsausschuss verzichtet und ihn der SPD überlässt.
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Die SPD-Fraktion prüfe zur Zeit, ob aufgrund der gestrigen Erklärungen Kochs der Untersuchungsgegenstand noch erweitert werden müsse. "Insbesondere die Rolle und die Kenntnis mehrerer Mitarbeiter der CDU-Landesgeschäftstelle und des ehemaligen Landesgeschäftsführers Seitz – der inzwischen vollkommen untergetaucht ist – bedarf der Aufklärung."